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Du, meine Seele, singe

 

Singen wir eigentlich heutzutage schlechter als frühere Generationen? Oder liegt unsere Messlatte höher, weil wir so oft ausgebildete oder im Nachhinein geschönte Stimmen über die Medien zu hören bekommen? Woran auch immer es liegt, die wenigsten trauen sich noch zu, im Beisein anderer wirklich hörbar selbst zu singen. Für Konfirmand*innen bräuchte es vermutlich kein Verbot von Gesang im Gottesdienst – so sanft und leise, wie sie in der Regel singen, vermag kein Viruströpfchen weiter zu fliegen als beim Sprechen.

 

Heute ist der Sonntag Kantate – das heißt: Singt! Und genau das werden wir in den endlich wieder erlaubten Gottesdiensten nicht tun. Sicher ist sicher! (Und verboten ist es darum auch.) Aber was tut die Seele dann, um ihrem Gemütszustand Raum zu geben? Im Wochenlied "Du meine Seele singe" bekennt sich der Dichter Paul Gerhard dazu, selbst eher mäßig begabt zu sein:

 

Ach ich bin viel zu wenig, / zu rühmen Seinen Ruhm;
der Herr allein ist König, / ich eine welke Blum.
Jedoch weil ich gehöre / gen Zion in Sein Zelt,
ist´s billig, daß ich mehre / Sein Lob vor aller Welt.

 

Ich übersetze das mal frei: Wenn ich singe, wie großartig ich finde, was Gott tut, dann klingt das schlapp und krächzig. Aber Gott hat mich aufgenommen. Davon muss ich einfach singen – so gut ich eben kann.

 

Also: Erlauben wir unseren Seelen, singenderweise zu jubeln, zu klagen, sich zu sehnen oder freuen! Bringen wir zuhause kräftig die Stimmbänder zum Schwingen!

 

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