Wurfübungen

Sind Sie gut im Weitwurf? Wenn ich als Kind zu den Bundesjugendspielen antrat, wusste ich schon vorher, dass der kleine Lederball mir eine Peinlichkeit bescheren würde. Während andere ihn herrliche 60 m weit über den Sportplatz sausen ließen, fiel er bei mir nach sage und schreibe 9 m mit einem satten Plumps zu Boden. Das war so wenig, dass wir schon wieder lachen mussten.

Trotzdem macht es mir außerhalb von Wettkämpfen Spaß zu werfen. Alle Wucht in ein kleines Objekt zu packen und es dann von sich zu schleudern, hat für mich etwas befriedigendes. Kleine, unreif gefallene Äpfel aus unserem Garten befördere ich so auf den Kompost oder Steine in den See. Da können gleich ein paar Gefühle mit aus mir heraus fliegen. Wut z.B., oder einfach Lebensfreude.

In der Bibel steht, wir sollen Jesus unsere Sorgen zuwerfen. Das gefällt mir. Ich stelle ihn mir vor, wie er dasteht und verständnisvoll annimmt, was wir rüberschmeißen. „Hier kommt meine Angst, dass ich die Impfung nicht vertragen werde“, ruft ein älterer Herr. „Nimm bitte mein Gefühl, dass ich es einfach nicht weiter schaffe“, die Alleinerziehende. „Behalte ich meinen Job?“- „Sehe ich meine Familie mal wieder?“ - „Stecke ich mich an, wenn ich meinen Enkel in den Arm nehme?“ - „Ich weiß auch nicht, was ich habe. Mir geht’s einfach nicht gut.“

Er steht da und nimmt sie alle auf. Die kleinen und die großen Nöte. Er lässt nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen. Aber er ist da und sieht sie alle. Er gibt nicht alles, was wir uns ersehnen. Aber so viel, wie wir allerdringlichst brauchen. Immer genug für den nächsten Schritt.

„All eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“ (1. Petrusbrief 5, 7) Darauf können wir uns verlassen. Wie gut!

Bleibt noch die Frage, ob wir überhaupt in der Lage sind, weit genug zu werfen bis zu ihm – diejenigen von uns, die keine Ehrenurkunden einheimsen konnten. Die jüdische Lyrikerin Nelly Sachs sagte: Gott ist ein Gebet weit entfernt. Ich denke, das sind weniger als 9 m!