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Hast Du Dich geschämt, Jesus?

 

 

 

 

Wenn ich Bilder sehe, auf denen Jesus geschlagen wird, in denen er sein Kreuz trägt und schließlich die vielen, auf denen er am Kreuz hängt, dann dauert es mich zutiefst! Gestern stieß ich auf die Frage, ob Jesus komplett nackt ausgezogen wurde für diese schreckliche Prozedur. Ich habe nachgeforscht und komme zu dem Ergebnis: vermutlich ja. Nicht einmal dieses letzte bisschen Würde haben sie ihm gelassen.

 

Ob er sich geschämt hat? Sicher, er hatte ganz andere Probleme: Schmerzen und Angst werden ihn schnell abgelenkt haben. Und doch: Er hat als kleines Kind gelernt, was schamhaft ist. Wir alle lernen das.

 

Wir schämen uns für Nacktheit, für Inkontinenz, egal, ob sie uns mit 7 oder 70 Jahren trifft, für Pickel in der Pubertät, für so viel allzu menschliches, für das wir gar nichts können. Wir schämen uns auch außerhalb des Körperlichen, wenn etwas sichtbar wird, das uns so zeigt, wie wir nicht gerne sind. Hilflos, dumm, unterlegen, bloßgestellt. Oder ertappt bei einer Lüge, einer Ausflucht, erwischt bei einer großen Niederlage.

 

Wir möchten das für uns behalten. Doch wenn uns das gelingt, dann schämen wir uns vielleicht vor uns selbst.

 

Er hat ja nichts dafür gekonnt, dass sie ihn ausgezogen haben. Er hat sehr wohl etwas dafür gekonnt, dass sie ihn überhaupt bekommen haben. Er hätte sich verstecken können und seinen Traum vergessen, dass Gott sein Reich jetzt bauen will. Dass überall die Liebe siegen wird.

 

Er hätte Truppen sammeln können, um das Reich mit Macht herbeizuzwingen. Das haben sich die Leute ringsumher gewünscht. Sie wollten frei sein von der römischen Gewalt. Ein paar Verletzte, ein paar Leichen hätten sie in Kauf genommen. Aber Jesus nicht. Wen soll man opfern, wenn man alle liebt?

 

Hast Du Dich geschämt, Jesus? Dass Du die Erwartungen am Schluss nicht mehr erfüllt hast? Du warst ihr König, Heiler, großer Held. Sie haben Dich bejubelt und gedacht, mit Dir wird es von nun an nur noch besser.

 

Ich glaube, es hat furchtbar wehgetan, die liebsten Freunde zu enttäuschen. Ich glaube auch, Du hast gespürt, dass Du Dir treu sein musst. Du musstest zeigen, dass Du alles aushältst. Dass Dir kein Weg zu schlimm ist, keine Scham zu groß.

 

Darum bist Du bei denen, die im Alter wieder Windeln brauchen. Du hältst das Bodyshaming mit den Opfern aus. Du sagst uns: „Ganz egal, was Menschen mit Dir machen, und ganz egal, was Du an Schlimmem in Dir neu entdeckst, Du bist ein Mensch mit Würde, von mir aus ganzem Herzen inniglich geliebt.“

 

 

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