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Misericordias domini

Sieger Köder, Der gute Hirte
Sieger Köder, Der gute Hirte

Misericordias domini“ heißt der gerade vergangene Sonntag. Übersetzt ist es der Anfang des 89. Psalms: „Von der Gnade des HERRN...“ - „... will ich immer singen und von seiner Treue ewiglich“. Gott wird als guter Hirte beschrieben, als der, der sich liebevoll um seiner Herde, also um uns, kümmert.

 

Du willst Dich nicht so gern als Schaf anreden lassen? Verstehe ich! Schafe haben nicht den besten Ruf – sie gelten als dumm und naiv. Tatsächlich können sie ziemlich widerborstig und eigensinnig sein, das habe ich selbst erfahren, als ich einmal eins festhielt beim Scheren. (Es hatte überhaupt keine Lust dazu!)

 

Die wolligen Diestelliebhaber sind eigentlich ziemlich robust. Der Hirte schimpft: „Ist’s euch nicht genug, die beste Weide zu haben, dass ihr die übrige Weide mit Füßen tretet, und klares Wasser zu trinken, dass ihr auch noch hineintretet und es trübe macht, so dass meine Schafe fressen müssen, was ihr mit euren Füßen zertreten habt, und trinken, was ihr mit euren Füßen trübe gemacht habt?“ (Hesekiel 34, 18) Andere Ausbooten ist nicht im Sinne des Erfinders! Das Leben ist gefährlich genug: Gelegentlich verrennst Du Dich an Stellen, aus denen Du allein nicht wieder herausfindest. Und manchen Feinden gegenüber bist Du wehrlos. Egal, ob Schaf oder Mensch.

 

Der gute Hirte kann ziemlich grimmig werden gegenüber Leuten, die einem Schäfchen zu nahe getreten sind oder es irgendwie beschädigt haben. Und dann wieder sehr fürsorglich, wenn er sich den Verletzten zuwendet: „Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.“ (Hesekiel 34,16)

 

Darin liegt für mich das Kostbare in dem Bild, Gott als Hirten zu sehen. Es ist so realistisch: Dir bleiben Leid und Verletzungen nicht erspart, und Du hast sehr freudige Zeiten. Du bist, wie ein Schaf, einerseits widerstandskräftig, andererseits zart besaitet, meistens ziemlich lebensklug und manchmal richtig blöd. Und das darf so sein.

 

Du bist umgeben von der Fürsorge dessen, der alles überblickt. Der Dich aus den schlimmsten Felsspalten zurückholt und liebevoll im Arm hält, wenn Du Dich verloren fühlst. Der Dir vergibt, wenn Du ihn darum bittest und ein Fest feiert für Dich, wenn er Dich gefunden hat!

 

Darum gefällt mir das Motto des Sonntags Misericordias domini: Von dieser Gnade und Treue unseres guten Hirten mag ich singen!

 

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